• 18:00 Uhr bis 14:00 Uhr (Europe/Berlin)

  • Liebe Alle,

    hier eine spannende Konferenz/Tagung bei der DFG Kollegforscher_innengruppe Postwachstumsgesellschaften in Jena: “Arbeiterbewegung von rechts?”

    Ort: Rosensäle, großer Saal
    Zeit: 22.06.2017 18:00 - 24.06.2017 14:00

    Hintergrund:

    2017 begann mit einem Ereignis, das für eine Zeitenwende stehen könnte. Mit dem Amtsantritt Donald Trumps sehen sich auch in Europa jene Kräfte bestärkt, die einen völkischen Nationalismus propagieren. In vielen europäischen Ländern sind rechtspopulistische Parteien auf dem Vormarsch. In Großbritannien hat eine federführend von der rechtspopulistischen UKIP betriebene Kampagne ein Votum für den Brexit herbeigeführt. In Frankreich plant der Front National eine Volksabstimmung zum EU-Austritt. Rechtspopulisten stellen in Ungarn und Polen bereits die führende Regierungspartei. Bei der Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten kam der Rechtspopulist Hofer in beiden Wahlgängen auf über 45 Prozent der Stimmen. Auch Deutschland stellt keine Ausnahme mehr dar. Mit dem Erfolg bei den Landtagswahlen 2016 hat sich die rechtspopulistische Alternative für Deutschland als bundesweite Kraft etablieren können.

    Angesichts dieser Entwicklung hat der Philosoph Jürgen Habermas vom "Saatboden für einen neuen Faschismus" gesprochen. Andere thematisieren eine national-soziale Gefahr. Damit wollen sie dem Umstand Rechnung tragen, dass der neue Rechtspopulismus in hohem Maße nicht nur bei Erwerbslosen, sondern bei Arbeitern verankert ist. Die überdurchschnittliche Zustimmung von Arbeitern und Arbeitslosen erfolgt, obwohl z.B. das Programm vieler rechtspopulistischer Formationen marktradikale Elemente enthält. Unterschiedliche Wahlmotivationen, darunter auch Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Sicherheit, verbinden sich scheinbar unauflösbar mit Ressentiments gegen Andere, Fremde und Zugewanderte.

    Wie ist die hohe Akzeptanz der völkischen Rechten bei - auch gewerkschaftlich organisierten - Arbeitern zu erklären? Haben wir es mit Arbeiterbewegungen von rechts zu tun? Kann die rechtspopulistische Revolte in den Parlamenten entzaubert werden oder ebnet sie den Weg für einen autoritären Kapitalismus? Wie kann dem Rechtspopulismus begegnet werden? Benötigen wir eine neue gewerkschaftliche Politik von unten?

    Diese Fragen sollen im Rahmen der Jenaer Tagung "Arbeiterbewegung von rechts?" diskutiert werden. Die Tagung richtet sich an Wissenschaftler und Studierende ebenso wie an Praktiker aus Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften.

    Das gesamte Programm finden Sie in Amhang.

    Da die Plätze begrenzt sind, bitten wir um Anmeldung bis zum 2. Juni 2017 an Ilka Scheibe unter ilka.scheibe@uni-jena.de.

    1. 3 Kommentare
  • Marion Rädisch

    Aus meiner Sicht liegt der weltweite Rechtsruck vor allem daran, dass in unserer neoliberalen Turbo-Wachstums-Gesellschaft sich außer der Linkspartei (bei uns) niemand für die wirtschaftlichen Nöte von Arbeitern, nicht-akademischen (Prekär)Beschäftigten und Langzeitarbeitslosen einsetzt bzw. auch nur interessiert. Die Gewerkschaften doch auch nur bedingt! Es ist immer leicht alles wissenschaftlich zu analysieren und abstrakt zu beurteilen, muss man sich mit der Lebenswelt anderer Bevölkerungsteile doch nicht aus Pantoffeldistanz auseinandersetzen. Eine Alternative wäre es, mal ins Gespräch zu gehen, das eigene Milieu zu verlassen und sich von fremden Lebenswelten im eigenen Land berühren zu lassen ohne zu bewerten. Und dann gemeinsam nach Lösungen aus der wirtschaftlichen Not suchen, die die meisten Postwachstumsaktivisten doch in der Regel in dieser Form aus eigener Erfahrung gar nicht kennen. Viele Menschen in diesem Land leben von der Hand in den Mund - für die ist die geld"lose" Welt Realität und kein Experimentierfeld. Sie sind auf Tauschen und Teilen angewiesen und müssen das nicht erst lernen. Und sie sind auf ihre Jobs angewiesen. Die meisten haben nicht so viele Alternativen und es droht ihnen die Hartz-IV-Mühle, aus der es nicht so schnell wieder ein Entrinnen gibt wie für (junge) AkademikerInnen.

    Es ist an der Zeit, dass die Postwachstumsbewegung auch eine soziale wird und aus ihren akademischen Elfenbeinturm und ihren Ökodorf-Idyllen herauskommt - sich ernsthaft für gesellschaftliche Alternativen einsetzt, die für alle relevant sind und echte Alternativen gegen Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung und Armut bilden. Mit einer anderen Art zu wirtschaften, kann man Realitäten schaffen, die auch gegen Rechtsruck wirken. Dafür müssten sich die akademischen Jung-Unternehmen, die eine andere Form der Wirtschaft vorleben, allerdings auch für Bevölkerungsteile öffnen, die in diese neue Art des Wirtschaftens und Kommunizierens erst einmal hineinwachsen müssen. Im Moment kann ich in den jungen, bejubelten neuen Unternehmensformen vor allem eines erkennen: Sie bleiben unter sich und grenzen sich - unausgesprochen oder bewusst - von nicht-akademischen Arbeitnehmern anderer Milieus ab - allein durch Auftreten und Sprache.

    Die Bausteine einer Postwachstumsökonomie werden immer sichtbarer - in der solidarischen Landwirtschaft, den Urban Gardening Projekten, den FabLabs, offenen Werkstätten und Nachbarschaften, um nur einige zu nennen. Sie müssen nur aus ihrer unpolitischen Spielecke herausgeholt werden und zur Keimform einer echten alternativen Wirtschaft werden, die nicht-akademische Prekär-Beschäftigte und Langzeitarbeitslose anderen Bildungsbackgrounds bewusst mit einbezieht. In Dokumentationen von ARTE wie "Wachstum - was nun?", "Schluss mit Schnell" oder in dem Film "Tomorrow" wird gezeigt, wie vor allem in den Ländern des Südens auch wirtschaftlich benachteiligte Bevölkerungsgruppen am Aufbau alternativer Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensweise mitwirken. Das ist das Gebot der Stunde: Hier Übergänge zu schaffen - der tiefen Spaltung in dieser Gesellschaft, die sich mittlerweile auch zwischen Akademikern und Nicht-Akademikern gebildet hat - aufzuheben. Eine Sprache zu finden, die einander wieder verbindet. Und anstatt jedes Wort im Sinne von PC auf die Waage zu legen, vielleicht mal eher nach den dahinterliegenden Ängsten und Ausweglosigkeiten zu suchen und gemeinsam Alternativen zu erarbeiten. Dann finden sich auch praktische Lösungen gegen rechtspopulistische Parteien, die vor allem eines machen: die Wut der Nicht-Gehörten aufnehmen, Anheizen und Lösungen versprechen, die sie gar nicht haben und schon gar nicht für jene, die sie wählen!

  • Jannis Eicker

    Super wichtiges Thema. Und danke an den – wie ich finde – starken Kommentar, Marion!

  • Lilian Pungas

    Liebe Marion, danke auch von mir. :) Ich stimme mit Dir 100%ig zu. Die Postwachstumsbewegung darf auf jeden Fall keine etwaige "Elite"-Bewegung werden..
    Hier noch ein Artikel, den ich letzte Woche gelesen hab, fand ich auch spannend - geht zum Teil in ähnliche Richtung... http://www.zeit.de/2017/17/petra-koepping-integ...
    Liebe Grüße Lilli